Österreich und die 2030-Agenda im Bildungsbereich
Vor fünf Jahren wurde die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung mit ihren 17 miteinander verknüpften Zielen von den 193 UN-Mitgliedstaaten angenommen. Dies war ein bedeutender Durchbruch für die gesamte internationale Gemeinschaft. Die Agenda 2030 zielt auf nicht weniger als die Verbesserung der Perspektiven aller Menschen. Konkret bedeutet dies, die Armut zu beseitigen, die Umwelt zu schützen und nachhaltiges Wirtschaften zu gewährleisten. Die Sustainable Development Goals (SDGs) bieten somit einen Kompass für ein nachhaltiges Zusammenleben auf unserem Planeten und eröffnen der Weltbevölkerung Perspektiven für ein verantwortungsvolles und sozial gerechtes Leben.
Wie kann die internationale Gemeinschaft das Engagement für die Umsetzung der SDGs sicherstellen und verhindern, dass diese Bemühungen von der COVID-19-Pandemie überschattet werden? Das jährliche Treffen des Hochrangigen Politischen Forums für nachhaltige Entwicklung ist die zentrale Plattform der Vereinten Nationen für die Weiterverfolgung und Überprüfung der Agenda 2030 und ihrer 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung. Im Juli 2020 war Österreich eines der 47 Länder, die ihren ersten Freiwilligen Nationalen Fortschrittsbericht (Voluntary National Review of Progress - VNR) auf dem Hochrangigen Politischen Forum präsentierten. Es war die erste Präsentation eines landesweiten Überblicks über die ergriffenen Maßnahmen, Erfolgsgeschichten und Initiativen zur Unterstützung der Umsetzung der Agenda 2030 in Österreich.
Was wurde also getan, um die Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung in Österreich zu fördern? Nach der Verabschiedung der Agenda 2030 hat sich die Bundesregierung für einen nationalen Mainstreaming-Ansatz entschieden. Die Ministerien sind aufgefordert, die SDGs in alle relevanten Strategien und Programme einzubeziehen. Eine interministerielle Arbeitsgruppe koordinierte den Berichtsprozess und richtete zu diesem Zweck ein Multi-Stakeholder-System ein.
Bildung, Wissenschaft und Forschung spielen eine wesentliche Rolle bei der Umsetzung der SDGs. Der österreichische VNR-Bericht beschreibt eine Reihe von nationalen Initiativen, die nachhaltige Entwicklung in all ihren Dimensionen im gesamten Bildungs-, Wissenschafts- und Forschungsbereich fördern. "Digitalisierung", "Frauen, Jugend und "Niemanden zurücklassen" sowie "Klimaschutz" sind die drei Hauptthemen, denen besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde.
Insbesondere die Schwerpunktbereiche Digitalisierung und "niemanden zurücklassen" haben während der COVID-19-Krise an Dynamik gewonnen. Österreich hat mehrere Maßnahmen ergriffen, um eine kontinuierliche Schulbildung für alle zu gewährleisten und SchülerInnen und Eltern zu unterstützen, insbesondere jene aus benachteiligten Verhältnissen. Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung hat einen Aktionsplan für den digitalen Unterricht gestartet. Während der Schließung wurden Beratungsdienste in 23 verschiedenen Sprachen angeboten, und Schulen und Kindergärten blieben bei Bedarf für die Kinderbetreuung geöffnet.
Im Bereich der Hochschulbildung liegt ein besonderer Schwerpunkt auf Maßnahmen, die finanzielle Anreize und Unterstützung für Studierende, mehr Flexibilität bei den Qualitätssicherungsanforderungen und Initiativen zum Aufbau von Kapazitäten für das Online-Lernen beinhalten.
Umfassende Reformen, die auf mehr Fairness und Transparenz abzielen, werden fortgesetzt. Die österreichische Bildungspolitik fördert gezielt die Entwicklung von Grundkompetenzen, wobei der Schwerpunkt auf dem Erwerb von Deutschkenntnissen von klein auf liegt. Schulen, die vor besonderen Herausforderungen stehen, werden auf der Grundlage eines Chancen- und Entwicklungsindexes unterstützt.
Der laufende Aktualisierungsprozess der Lehrpläne für die Grundschule und die Sekundarstufe I wird sich auf Kompetenzen und wesentliche Bildungsziele konzentrieren. Bildung für nachhaltige Entwicklung ist in den Lehrplänen verankert und soll als Leitprinzip für die Querschnittsfächer dienen. Schulnetzwerke wie die österreichischen UNESCO-Schulen (UNESCO Associated Schools Network), ECOLOG (Austrian Ecologization of Schools Network), Initiativen wie Citizen Science und Sparkling Science sowie die Innovationsstiftung für Bildung setzen thematische Schwerpunkte zu SDG 4.
Die neue Webplattform BILDUNG 2030 bündelt Ressourcen und Lernmaterialien zu den Themen der Agenda 2030 und bietet eine Vielzahl von Anregungen, wie globale Herausforderungen in allen Altersstufen und in unterschiedlichen Lehr- und Lernsituationen angegangen werden können. Die Plattform ist ein Gemeinschaftsprojekt von fünf führenden Organisationen im Bereich der Global Citizenship Education und der Bildung für nachhaltige Entwicklung.
Die Österreichische UNESCO-Kommission hat 2017 einen Expertenbeirat für Transformative Bildung/Global Citizenship Education eingerichtet, der die nationale Umsetzung von SDG 4 begleiten und fördern soll. Der Masterstudiengang Global Citizenship Education an der Universität Klagenfurt bietet eine ganzheitliche und fundierte Ausbildung, die Politische Bildung, Globales Lernen, Interkulturelles Lernen und Friedenspädagogik für LehrerausbilderInnen und PädagogInnen verbindet. 2018 wurde sie mit dem Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet, einer gemeinsamen Initiative der Ministerien für Nachhaltigkeit und Wissenschaft. Der Preis wird alle zwei Jahre verliehen und hat das Ziel, Nachhaltigkeitsprozesse an österreichischen Universitäten zu fördern.
Ein weiteres erwähnenswertes Projekt ist UniNEtZ (Universitäten und Verantwortung für nachhaltige Entwicklung), ein Projekt, das die inter- und intrauniversitäre Vernetzung und die Integration der SDGs in Bereiche des universitären Lebens wie Forschung, Lehre, studentische Initiativen, Management und Verwaltung unterstützt. UniNEtZ ist 2019 gestartet und soll langfristig einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung in Österreich leisten. Das Projekt wurde gemeinsam vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung und der Allianz Nachhaltiger Universitäten in Österreich initiiert, um die Zusammenarbeit zwischen Universitäten zu fördern.
Da die SDGs einen ganzheitlichen, interdisziplinären Dialog erfordern, konzentriert sich UniNEtZ auf die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Kunst, um das Bewusstsein für nachhaltige Entwicklung zu stärken und konkrete Lösungen zu finden. Derzeit sind 16 von 22 österreichischen Universitäten am UniNEtZ-Projekt beteiligt, wobei jede einzelne Verantwortung für bestimmte SDGs übernimmt und federführend oder als Partner mit anderen Universitäten zusammenarbeitet, um Wege zu entwickeln, wie man die Umsetzung der SDGs am besten unterstützen kann. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass fast 400 WissenschaftlerInnen und KünstlerInnen aus allen Regionen Österreichs und vielen verschiedenen Disziplinen und Hintergründen in 16 thematischen SDG-Teams und zwei übergreifenden Arbeitsgruppen zu "wissenschaftlichen Methoden" und "Dialog" zusammenarbeiten. Darüber hinaus strebt das Netzwerk auch an, wissenschaftlich fundierte Optionen mit verschiedenen Stakeholdern aus unserer Gesellschaft in einem sogenannten wissenschaftsgesellschaftlichen Politikdialog zu diskutieren.
Optionen und mögliche Aktivitäten für die Umsetzung der SDGs werden identifiziert und 2021 in Form eines sogenannten "Optionspapiers+" vorgestellt, das als politische Empfehlung dienen soll.