Auf der Suche nach der Wirklichkeit - Quantenforschung und Lehre an der Johannes Kepler Universität Linz

Die Quantenforschung hat die Art und Weise, wie wir die Säulen der Realität verstehen, revolutioniert. Anstatt ein präzise berechnendes Newtonsches Uhrwerk-Universum zu sein, folgt das Universum Gesetzen, die unserer Alltagserfahrung diametral entgegengesetzt sind. Dennoch hat insbesondere die Quantenforschung zu enormen Fortschritten geführt - und wird dies auch weiterhin tun. In diesem Sinne ist die Quantenforschung seit langem ein integraler Bestandteil der Forschung und Lehre an der Johannes Kepler Universität Linz (JKU).

Neben einer Reihe von fachübergreifenden Themenbereichen nutzen Quantenforscher im Bereich der Halbleiterphysik an der JKU spezielle Wachstumsmethoden, um Nanostrukturen auf Halbleiterbasis herzustellen, zu charakterisieren und anzuwenden.

Die Forschungsgruppe von Armando Rastelli konzentriert sich auf die Entwicklung und Feinabstimmung hochwertiger Galliumarsenid-Quantenpunkte, die in der Lage sind, einzelne Photonen und verschränkte Photonenpaare "bei Bedarf" zu bilden. Die möglichen Anwendungen reichen von der Grundlagenforschung bis zur Quantenkommunikation.

JKU-Forscher sind auch an mehreren Kooperationsprojekten und Studien mit europäischen Partnern beteiligt, darunter die Universität Roma Sapienza und die Universität Cambridge, um eine Reihe von Forschungsstudien durchzuführen, mit denen untersucht werden soll, ob Quantenpunkte als Knotenpunkte für Quantennetzwerke verwendet werden können oder nicht. Gemeinsam mit Forschern der Universität Innsbruck arbeiten die JKU-Forscher an gekoppelten Quantenemittern, um natürliche Energiegewinnungssysteme zu simulieren.

Armando Rastelli und Ailton Garcia Jr.

Foto: JKU

Mehrere laufende Projekte

Im Rahmen eines preisgekrönten START-Projekts des Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) und anderer Projekte arbeitet eine Forschungsgruppe unter der Leitung von Moritz Brehm an der Schaffung einer neuen Klasse von Quantenemittern in Silizium. Das Ziel ist es, Licht mit Wellenlängen einzufangen, die nachweislich mit herkömmlichen optischen Kommunikationssystemen kompatibel sind.

Unter der Leitung von Alberta Bonanni, Vizerektorin für Forschung an der JKU, erforschen die Wissenschaftler der Quantum Materials Group Quantenmaterialien, insbesondere Halbleiter und zweidimensionale Materialien, sowie neue Phänomene in Heterostrukturen.

Zu diesem Zweck konzentrieren sie sich auf die Herstellung von III-Nitriden und 2D-Schichtmaterialien sowie auf die Erforschung quantenmechanischer Prozesse, die die Tür zu neuen Technologien wie Hochgeschwindigkeitscomputern, energieeffizienteren Chips und verbesserter Sensoreffizienz öffnen werden.

Richard Küng(Abteilung für Quantencomputer im Bereich Informatik) konzentriert sich auf eine Reihe von Projekten und Studien, darunter "q-shadows", die einen einheitlichen Ansatz anwenden, der alle Ressourcen der Computertechnologie (Quanten- und konventionelle Computer) berücksichtigt. Zusammen mit seinem Team setzt Küng Quantenhardware der nächsten Generation ein, die echte Quanteneffekte beschreiben kann, um skalierbare Methoden zu entwickeln, mit denen die Beschränkungen bei der Informationsübertragung durch die Umwandlung von Quanteninformationen in konventionelle Informationen gelöst werden können. Das Projekt soll bis 2029 laufen und wurde mit einem ERC-Stipendium ausgezeichnet, der prestigeträchtigsten Auszeichnung der Europäischen Union, die für aufstrebende Nachwuchsforscher reserviert ist.

Im Rahmen eines Flaggschiffprogramms der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) mit dem Titel High-Performance Integrated Quantum Computing (HPQC) wird zum ersten Mal in Europa ein Quantencomputer direkt mit einem High-Performance Computing Center (HPC) verbunden werden. Aufbauend auf einer bestehenden Infrastruktur in Innsbruck wird eine neue Umgebung für Quantenbeschleunigung geschaffen, um Quantencomputer und HPCs zu verbinden und speziell entwickelte quantengeeignete Code-Beschleunigungsstrukturen zu ermöglichen, die einen Proof-of-Concept auf einer hybriden Infrastruktur liefern.

Richard Küng arbeitet auch mit Johannes Kofler an anderen Projekten. Johannes Kofler forscht im Bereich der Quantenmetrologie. Er nutzt verschränkte Quantenzustände und Methoden der künstlichen Intelligenz (Reinforcement Learning), um Quantenschaltungen zu entwickeln, die physikalische Parameter schneller und genauer bestimmen können als herkömmliche Technologien.

Darüber hinaus laufen derzeit mehrere andere Projekte der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) quantum Austria unter Beteiligung der JKU und unter der Leitung der beiden Forscher.

Vorlesungs-Selfie mit Richard Küng

Foto: Richard Küng

Lernen über die Quantenwelt

Die JKU ist bestrebt, ihren Studenten eine solide Ausbildung in der Quantentheorie zu vermitteln und gleichzeitig fortschrittliche Forschung auf diesem Gebiet zu betreiben. Jedes Herbstsemester belegen über 150 Studenten einen Kurs an der JKU mit dem Titel Introduction to Quantum Computing, gefolgt von Special Topics - Quantum Information während des Sommersemesters (in dem derzeit 70 Studenten eingeschrieben sind). Die Kurse werden sehr gut angenommen und die Zahlen spiegeln das große Interesse der Studierenden wider. Advanced Topics in Quantum Information ist ein neues Pilotprojekt, das im letzten Jahr von der JKU gemeinsam mit der Universität Innsbruck, der Universität Wien und der Technischen Universität Wien ins Leben gerufen wurde und Studenten einen dezentralen Einblick in die Forschung an allen beteiligten Universitäten ermöglicht.

Forschungsexperiment

Foto: JKU

Die dritte Mission - Quantenwissenschaft und die breite Öffentlichkeit

Die JKU möchte das Bewusstsein für die Quantenforschung auch außerhalb des akademischen Bereichs schärfen und vermitteln, wie wichtig diese Art der Forschung ist, zumal 2025 das Internationale Jahr der Quantenwissenschaft und -technologie ist. Die Universität organisierte eine Reihe von öffentlich zugänglichen Aktivitäten und Veranstaltungen, die veranschaulichen sollten, wie Quantenwissenschaft und Quantentechnologie unser tägliches Leben beeinflussen und gestalten. So gab es während des Ars Electronica Festivals 2024 ein neues Quantenkonzert mit dem Titel BruQner - The Sound of Entanglement, bei dem mit Quanten verschränkte Lichtteilchen eine Variation von Bruckners Perger Präludium aufführten und von zwei Organisten gleichzeitig gespielt wurden. Mehr als 3000 Besucher wohnten dieser Weltpremiere in Österreichs größter Kathedrale bei. Im Februar hielt der Nobelpreisträger Anton Zeilinger für die Studierenden der JKU einen besonderen Vortrag über die Welt der Quantenwissenschaft. Die Tatsache, dass mehr als 1.300 Gäste die Präsentation besuchten, zeugt von dem großen Interesse, das diese Art von Aktivitäten hervorrufen.

Die Quantenforschung und -ausbildung ist ein grundlegender Bestandteil der Ausbildung an der JKU, angetrieben von der unerschütterlichen Neugierde unserer Forscher, ihrem Streben nach Wissen und ihrer unerschütterlichen Entschlossenheit, die Grundlagen der Realität besser zu verstehen. In Anlehnung an die Worte von Max Planck: "Verglichen mit der unermesslich reichen, ewig jungen Natur muss der Mensch, so fortgeschritten er auch in seinen wissenschaftlichen Kenntnissen und Einsichten sein mag, für immer das staunende Kind bleiben und ständig auf neue Überraschungen gefasst sein."

Über die Johannes Kepler Universität Linz

Die Johannes Kepler Universität Linz (JKU) ist in der regionalen Tradition verwurzelt, aber mit einer starken internationalen Perspektive ausgestattet. Zu den Kernkompetenzen der Universität gehören Technik (Ingenieurwissenschaften, Informatik, Naturwissenschaften), Sozialwissenschaften, Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, Pädagogik, Recht und Medizin. An der Fakultät für Ingenieur- und Naturwissenschaften, einer besonders aktiven und einflussreichen Fakultät der JKU, sind mehr als 5.800 Studenten in über 34 innovativen akademischen Studiengängen eingeschrieben. Die JKU hat nicht nur die ersten akademischen Studiengänge Österreichs in Informatik und Mechatronik eingeführt, sondern auch das interdisziplinäre und bahnbrechende Institut für Biomedizinische Mechatronik gegründet.

Schließlich setzt die JKU in allen Bereichen neue Maßstäbe. Österreichs erste akademische Studiengänge in Künstlicher Intelligenz, Medizintechnik und der erste medizinische Studiengang in Österreich, der im Rahmen des Bachelor/Master-Systems angeboten wird, sind ein Beispiel für das Engagement der Universität, sich selbst ständig - und kritisch - zu reflektieren und zu hinterfragen.

Zu den Zielen der JKU für die Zukunft gehört es vor allem, ihre 25.000 Studenten und ihre Forschungsgemeinschaft aktiv in den technologischen Fortschritt einzubinden, der Menschheit zu dienen und unsere Umwelt zu verbessern.

Fotos: Doris Himmelbauer

 
 
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