Präsentation der österreichischen Wirtschaft: Die Weltausstellung 1893 in Chicago

Die Repräsentation der Weltausstellung in Chicago in der kaiserlichen Hofbibliothek Wien und in der Privatbibliothek Kaiser Franz Josephs.

Von Hans Petschar

Die spektakuläre Weltausstellung fand 1893 in Chicago statt, um den 400. Jahrestag der Ankunft von Christoph Kolumbus in der Neuen Welt zu feiern. Jahrestag der Ankunft von Christoph Kolumbus in der Neuen Welt. Chicago setzte sich gegen New York City, Washington, DC und St. Louis durch. Chicago errichtete eine ganze neoklassizistische Stadt, die nachts hell erleuchtet war, was dem Messegelände den Namen "weiße Stadt" einbrachte (im Gegensatz zur "schwarzen" alten Stadt Chicago).

Es war das erste Mal, dass die Neue Welt Gastgeber einer Weltausstellung war. Mit 27,5 Millionen Besuchern übertraf Chicago die Pariser Weltausstellung, die 6,5 Millionen Besucher anzog. "Der Erfolg der Weltausstellung in Chicago machte die Vereinigten Staaten zur führenden Industriemacht der Welt." Die Teilnahme Österreichs an der spektakulären Kolumbianischen Weltausstellung 1893 in Chicago war anfangs keineswegs gesichert.

Weltausstellung in Chicago, 1893. Manufakturgebäude, Präsentation der österreichischen Firma A. Förster.
Foto: Österreichische Nationalbibliothek

Weder die österreichische Industrie noch die österreichische Regierung zeigten besonderes Interesse, sich an der Ausstellung zu beteiligen, als Österreich eine offizielle Einladung der amerikanischen Regierung und des amerikanischen Ausstellungskomitees erhielt. Nur dem persönlichen Engagement des österreichischen Konsuls in New York, Dr. Anton Palitschek von Palmforth, war es zu verdanken, dass sich Österreich schließlich mit einer überzeugenden Schau an der Weltausstellung in Chicago beteiligte. Dr. Parlforth reiste mehrmals nach Wien und Böhmen, um die Vertreter der Wirtschaft und der Regierung von einer Teilnahme zu überzeugen. Dies gelang ihm jedoch nur in der österreichischen Hälfte der Doppelmonarchie, da es ihm trotz aller Bemühungen nicht gelang, die ungarische Regierung von einer Teilnahme zu überzeugen. Daher blieb es der österreichischen Regierung überlassen, dem österreichischen Parlament, dem Reichsrat, die Teilnahme Österreichs vorzuschlagen und zu beschließen.

Schließlich wurde ein hochkarätiges Ausstellungskomitee zusammengestellt und Dr. Palmforth zum Ausstellungskommissar in Chicago ernannt. Die Ausstellung wurde unter der Ägide des jüngeren Bruders des Kaisers, Erzherzog Karl Ludwig, entwickelt, während der Frauenteil der Ausstellung unter der Ägide seiner Frau, Erzherzogin Maria Theresia, entstand.

Es ist wohl der prominenten Beteiligung der kaiserlichen Familie zu verdanken, dass die Weltausstellung in Chicago und die österreichische Beteiligung in hervorragenden Publikationen gewürdigt und in Prachtwerken in der kaiserlichen Hofbibliothek in Wien und in der Privatbibliothek des Kaisers bewahrt wurden.

Feine Lederkassette mit Widmung an Kaiser Franz Joseph I.
Foto: Österreichische Nationalbibliothek

Neben Ausstellungskatalogen und zeitgenössischen Publikationen gehört eine prächtige Kassette mit Fotografien der Weltausstellung zu den schönsten und wertvollsten Objekten im Zusammenhang mit der Weltausstellung in Chicago. Die feine Ledertasche mit Fotografien der Ausstellung ist an sich schon ein wunderbares Kunstwerk, das zur Feier der Teilnahme Österreich-Ungarns an der Weltausstellung 1893 entworfen wurde. Sie wurde Kaiser Franz Joseph geschenkt und gehörte zu den Schätzen seiner Privatbibliothek, die nach dem Zusammenbruch des österreichisch-ungarischen Reiches 1923 in die neu gegründete Nationalbibliothek eingegliedert wurde.

Das Etui ist aus champagnerfarbenem feinem Leder mit Metallfüßen und Metallbeschlägen gefertigt. Sie enthält einundvierzig Fotografien und den "Sonderkatalog der österreichischen Aussteller". Das Etui selbst ist ein schönes Beispiel für die hohe Qualität des von Österreich-Ungarn auf der Weltausstellung präsentierten Kunsthandwerks.

Eingebettet in den Umschlag sind fünf Aquarelle: Das Aquarell in der Mitte zeigt das Messegelände am Michigansee aus der Vogelperspektive. Unterhalb des Messegeländes ist die Fassade des Österreichischen Ausstellungshauses zu sehen, eine neobarocke Schaufensterarchitektur. Die kleinen Aquarelle zeigen verschiedene Ansichten aus dem Inneren der Ausstellung: Menschen, die die Ausstellung besuchen, eine Schiffsschraube, die von den berühmten Skoda-Werken aus Pilsen hergestellt wurde, einen Blick auf den Kunstpalast und ein mittelalterliches Stadttor, das zu einer architektonischen Rekonstruktion von "Alt-Wien" führte.

"Alt-Wien" war eine architektonische Rekonstruktion mittelalterlicher Häuser am Wiener Graben, die in den 1870er Jahren abgerissen worden waren. Diese historische Nachbildung des mittelalterlichen Wiens enthielt ein Restaurant, in dem die Besucher der Weltausstellung Wiener Musik und Konzerten lauschen konnten. Das Etui wurde von Alexander Förster, einem Hersteller feiner Lederwaren und Hoflieferant, angefertigt. Die Firma Förster präsentierte auf der Ausstellung feine Lederwaren und andere Luxusgegenstände. Die Fotografien zeigen die Ausstellungsräume, verschiedene Gebäude und dokumentieren die österreichischen Beiträge zur Weltausstellung.

Der Schwerpunkt der österreichischen Präsentation lag auf Kunst, Handwerk und Kunstindustrie. Die Fotografien zeigen die anspruchsvolle Porzellan- und Keramikindustrie(Wahliss, Goldscheider) und die berühmte tschechische (böhmische) und Wiener Glasindustrie(Lötz, Moser, Lobmeyr). Die Gold- und Silberwarenindustrie war durch Firmen aus Wien und Prag vertreten(Böhm, Goldschmidt, Scheid). Die Innenarchitektur wurde von Jakob und Joseph Kohn und den Gebrüdern Thonet präsentiert.

Die Fotografien dokumentieren auch österreichische Beiträge zur Kunst: z.B. "Die Sinne" von Hans Makart oder das Historiengemälde "Der Prager Fenstersturz" von Václav Brožík. Im Mai 1918 warfen böhmische Protestanten zwei katholische Abgeordnete aus einem Fenster der Prager Burg. Der sogenannte "Prager Fenstersturz" gilt als der Beginn des Dreißigjährigen Krieges in Europa.

Blick nach Westen von Peristyle, Ehrenhof und Grand Basin der Weltausstellung 1893, Chicago, Illinois.
Foto: C.D. Arnold (1844-1927); H.D. Higinbotham

Ein berühmtes und ganz besonderes Merkmal der Weltausstellung in Chicago war das von Sophia Hayden entworfene Woman's Building. Das Woman's Building enthielt Ausstellungen von Werken von Frauen aus den verschiedensten Bereichen, von der bildenden Kunst über angewandte Kunst, Literatur und Musik bis hin zu Wissenschaft und Hauswirtschaft. Es gab auch Exponate über Frauen in der amerikanischen Geschichte und in anderen Kulturen und Ländern der Welt. In der österreichischen Abteilung des Frauenhauses wurden Kunstwerke österreichischer Künstlerinnen präsentiert. Am prominentesten war ein "Paravent", eine handkolorierte Leinwand der Erzherzogin Maria Theresia von Braganza, zu sehen. Sie war mit dem jüngeren Bruder des Kaisers, Karl Ludwig, verheiratet, der 1892 vom Kaiser zum Vorsitzenden des österreichischen Komitees ernannt und bestätigt wurde. Erzherzogin Maria Theresia wurde als Vorsitzende des österreichischen Frauenkomitees der Weltausstellung nominiert. Teil der Ausstellung war eine Literatursektion, die österreichische Frauen in der Literatur vorstellte, von denen viele noch heute für ihren Beitrag zur österreichischen Frauenbewegung bekannt sind: Marie von Ebner Eschenbach, Helene Friedländer, Minna Kautsky, Ida Pfeifer, Berta von Suttner und Clara Schreiber.

Neben industriellen und künstlerischen Produktionen war auch die Landwirtschaft auf der Ausstellung vertreten, und am 18. August - dem Geburtstag von Kaiser Franz Joseph - "wurde auf dem Festivalgelände eine aufwendige Parade mit Wagen mit verschiedenen Vertretern der österreichischen und ungarischen Gemeinschaft in Chicago veranstaltet." Österreichs beeindruckender Beitrag zur Weltausstellung in Chicago 1893 wurde durch eine "seltsame Mischung aus Mittelalter und Moderne" charakterisiert. Zusammen mit einer auffallend modernen Ausstellung der Sezessionsbewegung und der Wiener Kunstgewerbeschule auf der Weltausstellung in St. Louis 1904 hinterließ die österreichische Ausstellung in Chicago "bleibende Spuren in den USA", Spuren, die in der Österreichischen Nationalbibliothek, der Nachfolgerin der kaiserlichen Hofbibliothek in Wien, gut erhalten sind.

Hans Petschar ist der Leiter des Bildarchivs der Österreichischen Nationalbibliothek.

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