Das politische System
Das österreichische Parlament
Die Aufgaben des Parlaments
Das Parlament hat in erster Linie die Aufgabe, Gesetzesvorlagen zu prüfen und zu verabschieden sowie die Arbeit der Regierung zu kontrollieren, um nur die wichtigsten Aufgaben zu nennen. Beachten Sie aber, dass die Aufgaben der Parlamente von Land zu Land unterschiedlich sein können. Und auch in Österreich haben sich diese Aufgaben im Laufe der Zeit verändert.
Gesetzgebung
Das Parlament beschließt die Gesetze, die Österreich regieren. Die gesetzgebenden Organe sind der Nationalrat, der Bundesrat und - in den Bundesländern - die Landtage. Die Regierung, die Behörden und die Gerichte haben diese Gesetze genauso zu befolgen wie alle Bürgerinnen und Bürger.
Kontrolle ausüben
Das Parlament schaut genau hin, was die Regierung tut: Bundeskanzler, Minister und Staatssekretäre müssen sich für das rechtfertigen, was sie - und die ihnen unterstellten Behörden - tun. Dabei geht es nicht nur um die Kontrolle durch das Parlament, sondern auch um Verbesserungen und Reformen, die sich aus der Diskussion über die betreffenden Themen ergeben können.
Repräsentation und Öffentlichkeit
"Parler" bedeutet "sprechen": Das Wort "Parlament" leitet sich vom französischen "parler" ab, was "sprechen" bedeutet. Öffentliche Debatten, der Austausch von Argumenten und sogar politische Auseinandersetzungen nach klar definierten Regeln sind das Kerngeschäft eines jeden Parlaments.
Proteste, Augen verdrehen, Anpöbeln: Nichts als Schauspielerei? Vor dem Parlament müssen sich Politiker rechtfertigen und die Gründe für politische Entscheidungen werden offengelegt. Proteste, verdrehte Augen oder Zwischenrufe: Plenarsitzungen mögen den Zuschauer manchmal an das Spiel von Schauspielern erinnern, aber all das gehört zum Spiel dazu und verleiht der Arbeit in den Ausschüssen neue Akzente: In den Ausschüssen diskutieren Politikerinnen und Politiker Gesetzestexte im Detail, bevor sie ins Plenum des Nationalrats gehen, um der Öffentlichkeit zu zeigen, wofür sie stehen - ein Prozess, der in der heutigen Mediengesellschaft immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Alles für die Öffentlichkeit: Da das demokratische System Offenheit und Transparenz in jeder Hinsicht verlangt, werden alle Dokumente und Protokolle aller National- und Bundesratssitzungen veröffentlicht, Interessierte können die Sitzungen des National- und Bundesrates von der Besuchertribüne aus verfolgen, und viele Parlamentsdebatten werden auch im Fernsehen übertragen. Transparenz ist eine wichtige Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie und dafür, dass die Wählerinnen und Wähler bei politischen Wahlen gut informiert sind, wenn sie ihre Stimme abgeben.
Das Parlament ist das Herzstück eines jeden demokratischen Systems. Aber was passiert eigentlich im Parlament? Wie funktioniert unser politisches System? Ein Crashkurs zur Demokratie in Österreich.
Im Parlament sollen die Interessen einer möglichst großen Zahl von Bürgerinnen und Bürgern vertreten werden. Sie alle können Personen wählen, die sie vertreten. In Österreich hat das Parlament zwei Kammern - den Nationalrat und den Bundesrat.
Wie sich der Nationalrat konstituiert
Die 183 Abgeordneten des Nationalrats werden von allen wahlberechtigten Bürgern alle fünf Jahre oder manchmal auch früher gewählt. Die Wähler müssen sich für eine einzige Partei entscheiden. Der Nationalrat wird dann auf der Grundlage des so genannten Parteilistensystems nach dem Verhältniswahlrecht gebildet. Die Sitze - oft als "Mandate" bezeichnet - werden den politischen Parteien nach sehr strengen Regeln zugeteilt; ausschlaggebend ist der prozentuale Anteil an den Gesamtstimmen, die sie erhalten haben. Dies bedeutet jedoch nicht, dass alle Parteien einen Sitz im Nationalrat erhalten. Sie haben nur dann Anspruch auf einen Sitz, wenn sie mindestens vier Prozent der Stimmen in ganz Österreich oder ein Direkt- oder Grundmandat in einem der Wahlkreise erhalten haben. Damit soll sichergestellt werden, dass nur Parteien mit einer gewissen (bundesweiten) Bedeutung in den Nationalrat einziehen. Der Vorteil ist, dass sich Mehrheiten leichter bilden lassen, wenn nicht zu viele kleine Parteien im Parlament vertreten sind. Der Nachteil dieser "Vier-Prozent-Hürde" ist, dass einige politische Interessen nicht im Nationalrat vertreten sind.
Wie der Bundesrat zusammengesetzt ist
Die zweite Kammer des Parlaments, der Bundesrat, wird nicht direkt vom Volk gewählt. Seine Zusammensetzung hängt von der relativen Stärke der Parteien in den Landtagen der Bundesländer ab, deren Interessen er auf der legislativen Ebene vertritt. Die Mitglieder des Bundesrates bleiben daher während der gesamten Legislaturperiode des Landtages, von dem sie entsandt wurden, im Amt. Das bedeutet, dass sich die Zusammensetzung des Bundesrates nach jeder Landtagswahl ändert und der Bundesrat keine eigene, endgültige Legislaturperiode hat. Wie viele Mitglieder ein Bundesland in den Bundesrat entsenden kann, hängt von seiner Bevölkerungszahl ab. Das bevölkerungsreichste Bundesland hat Anspruch auf maximal zwölf, das kleinste auf mindestens drei Mitglieder. Die Neufestsetzung der Zahl der Mitglieder hängt vom Bevölkerungsregister (früher Volkszählung) ab, so dass sich die Gesamtzahl der Mitglieder des Bundesrates immer wieder ändern kann. Nach der letzten Feststellung aus dem Jahr 2017 entsenden die Bundesländer folgende Anzahl von Abgeordneten in den Bundesrat:
Niederösterreich - 12 Abgeordnete
Wien - 11 Abgeordnete
Oberösterreich - 10 Abgeordnete
Steiermark - 9 Abgeordnete
Tirol - 5 Abgeordnete
Kärnten - 4 Abgeordnete
Salzburg - 4 Abgeordnete
Vorarlberg - 3 Abgeordnete
Burgenland - 3 Abgeordnete
Beteiligung an der Verwaltung
Die Vollziehung der Gesetze eines Staates ist grundsätzlich Aufgabe der Regierung. Manche Entscheidungen sind jedoch von so großer Tragweite, dass die Regierung sie nur gemeinsam mit dem Hauptausschuss des Nationalrates treffen kann - so zum Beispiel die Entscheidung über die Entsendung österreichischer Soldaten zur Teilnahme an internationalen friedenserhaltenden Maßnahmen.
Beteiligung an der Europäischen Union
Das Parlament wird über alle Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union informiert, und die Abgeordneten beraten über alle EU-Vorhaben gemeinsam mit dem zuständigen Regierungsmitglied und bereiten die Position Österreichs vor. Die Regierung vertritt diese Position dann in den zuständigen EU-Gremien. Dabei hat das Parlament das Recht, der Regierung sachliche Bedingungen aufzuerlegen. Seit 2009 haben die Parlamente der EU-Länder durch den Vertrag von Lissabon das Recht, sich in gewissem Umfang direkt am EU-Gesetzgebungsverfahren zu beteiligen.
Das Budget
Wofür soll Österreich Geld ausgeben? Und wer soll wie viel an Steuern zahlen? Der Staatshaushalt ist immer ein wichtiges Thema für das Parlament. Er wird vom Finanzministerium erstellt und von der Regierung dem Nationalrat zur Beschlussfassung vorgelegt. Die Budgetdebatte bietet reichlich Gelegenheit, die Ziele und Schwerpunkte der Politik zu diskutieren. Gleichzeitig muss die Regierung das Parlament darüber informieren, wie das Geld verwendet werden soll und was sie mit ihren Ausgaben erreichen will. Dementsprechend wird der Nationalrat die Ziele und Schwerpunkte der Politik im Zuge der Budgetdebatte und bei der Prüfung der aktuellen Berichte des Finanzministeriums diskutieren. Seit 2012 hat der Nationalrat auch weitreichende Mitwirkungsrechte bei finanzpolitischen Maßnahmen auf europäischer Ebene.
Wahlen
Die Parlamente haben auch die Aufgabe, andere wichtige Amtsträger des Staates zu wählen. In Österreich wählt das Parlament zum Beispiel den Präsidenten des Rechnungshofes und die Mitglieder der Volksanwaltschaft. Sowohl der Nationalrat als auch der Bundesrat können Vorschläge für die Ernennung der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs machen und haben ein Mitspracherecht bei der Nominierung der österreichischen Mitglieder der EU-Institutionen.
Quelle und weitere Informationen: Österreichisches Parlament: Das Parlament erklärt